Hoher Besuch an der UDE: Klaus Kaiser, Parlamentarischer Staatssekretär im Ministerium für Kultur und Wissenschaft (MKW) in Nordrhein-Westfalen war gemeinsam mit MR Georg Mertens und ORR Britta Matsumoto am 08. Dezember 2021 zu Gast am Essener Campus der UDE, um sich über die Schwerpunkte der Lehrkräftebildung an der UDE zu informieren.
Gemeinsam mit Mitgliedern des Rektorats, der Leitung des ZLB, Fachvertreterinnen und einem Lehramtsstudierenden sprachen sie anhand exemplarisch vorgestellter Projekte u. a. über den hohen Stellenwert der Ausbildung von Lehrkräften an der UDE, die Einführung des Lehramts Sonderpädagogik, über den Schwerpunkt DaZ/DaF und über die UDE-Projekte ProViel und ComeIn in der Qualitätsoffensive Lehrerbildung.
Rektor Professor Dr. Ulrich Radtke begrüßte den Staatssekretär und die Anwesenden und bedankte sich für den persönlichen Besuch. Er hob hervor, welch große Bedeutung die Lehrkräftebildung an der UDE als einer starken Forschungsuniversität genießt: „Das Lehramt ist ein Kernbestandteil unseres Leitbildes. Wenn man Lehrkräfte ausbildet, dann muss man es gut und motiviert tun.“ Hierbei nehme die UDE noch einmal eine besondere Rolle im Land ein, so Herr Radtke, da sie Diversität wertschätze. Die UDE ist ein attraktiver Ort für Studierende mit vielfältigen Hintergründen, Zuwanderungs- und Erstakademikerbiographien, was sich auch in den Zahlen widerspiegele.
Schwerpunktsetzungen
Daran anschließend gab Professorin Dr. Isabell van Ackeren, Prorektorin für Studium und Lehre, einen Überblick über aktuelle Schwerpunktsetzungen in der Lehrkräftebildung an der UDE. Auch sie betonte die große – und daher im Leitbild der Universität verankerte – Bedeutung, die der Ausbildung der künftigen Lehrkräfte an der UDE zukommt. Die große Wertschätzung zeige sich auch daran, dass es an der UDE viele Möglichkeiten studentischer Beteiligung in der Weiterentwicklung der lehrkräftebildenden Studiengänge gebe. Exemplarisch nannte sie die Arbeit der Studierenden im Rahmen des Qualitätsmanagements.
Was die Lehrkräftebildung an der UDE besonders auszeichne: „Wir denken und agieren phasenübergreifend.“ Dementsprechend sei auch die zukünftige Gestaltung der Lehrkräfte-Fortbildung aktuell ein breit diskutiertes Thema an der UDE, etwa im Rahmen der Qualitätsoffensive Lehrerbildung. „Hier würden wir uns in NRW gerne noch mehr einbringen als bisher schon.“
Professorin Dr. Barbara Buchenau, Prorektorin für Gesellschaftliche Verantwortung, Diversität und Internationalität vertiefte den angesprochenen Themenbereich Diversität. Das Ruhrgebiet sei ein Wirtschaftsraum, der sich durch eine besondere Bevölkerungsstruktur charakterisiere. Eine hohe transnationale Mobilität, aber auch eine starke soziale Segregation stelle die Bildungslandschaft der Region vor Herausforderungen. Mitten in dieser Region hat die UDE ihren Platz, aus der sie einen Großteil ihrer Studierenden gewinnt.
Die UDE will gesellschaftliche Verantwortung übernehmen und ihrem Anspruch gerecht werden, bereits früh entlang der Bildungskette zu wirken und spätere Studierende zu adressieren. Ein Ergebnis dieser Bemühungen sei, „dass vier von zehn Studienanfänger*innen im Lehramtsstudium an der UDE einen Migrationshintergrund haben“. Frau Buchenau ergänzte: „Mehr als 50 Prozent unserer Studierenden stammen nicht aus Akademiker-Familien.“ Und auch unter den Lehrenden und Mitarbeitenden der Universität gebe es eine große Zahl von Bildungsaufsteiger*innen. „Diversität treibt Wissenschaft voran,“ fasste sie zusammen.
Bericht über Projekte
Dr. Anja Pitton, ZLB-Geschäftsführerin, schloss an den Gedanken der Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung in der Region an und gab der MKW-Delegation einen Überblick über innovative und strategisch relevante Transferprojekte der Lehrkräftebildung an der UDE. Herr Kaiser informierte sich exemplarisch über das in diesem Jahr gestarteten UA-Ruhr-Verbundvorhaben talents4teachers / teachers4talents das aus der Ruhrkonferenz hervorgegangen ist und zum Ziel hat, Talente für das Lehramt bereits in den Schulen zu identifizieren, sie für ein Lehramtsstudium zu begeistern und währenddessen zu begleiten. „Wir hoffen, auch dem Lehrkräftemangel damit entgegenzuwirken, da Studierende in der Regel recht standorttreu sind und meist in ihrer Ausbildungsregion verwurzelt bleiben.“
Frau Pitton berichtete auch über das seit vielen Jahren etablierte Fortbildungsangebot der Herbstschule Heterogenität in Schule und Unterricht, das in Kooperation verschiedener Bildungsakteur*innen von der nordrhein-westfälischen Bildungsinitiative RuhrFutur, den Kompetenzteams Essen, Mülheim/Oberhausen und dem Zentrum für Lehrerbildung der UDE geplant und umgesetzt wird. Das Besondere: „Erst die institutionenübergreifende Konzeption einer gemeinsamen Fortbildung von Lehrkräften, Referendar*innen und Studierenden führte zur hohen Akzeptanz des zuletzt digital durchgeführten Formats.“
Abschließend wurde das ebenfalls in diesem Jahr gestartete und mit Stiftungsmitteln finanzierte Projekt WEICHENSTELLUNG für Viertklässler vorgestellt: Ziel ist es, möglichst früh Bildungsbenachteiligung und Chancenungleichheit zu bekämpfen, indem schon Grundschulkinder mit Potenzial von Lehramtsstudierenden mentoriell begleitet werden, um sie an einer weiterführenden Schule zu einem höheren Bildungsabschluss zu motivieren.
Mehrsprachigkeit fördern
Ein Alleinstellungsmerkmal im Lehramtsstudium ist der über die UDE hinaus sichtbare und anerkannte DaZ / DaF-Schwerpunkt. In den Lehrämtern Grundschule und Haupt-, Real- Sekundar- und Gesamtschule erwerben die Studierenden im Modul DaZ für Schüler*innen mit Zuwanderungsgeschichte doppelt so viele CP wie an anderen Hochschulen. Professorin Dr. Heike Roll, geschäftsführende Direktorin des Instituts DaZ / DaF in der Fakultät Geisteswissenschaften, skizzierte die curriculare Verankerung von DaZ / DaF, die Fokussierung auf sprachsensiblen Unterricht in der Hochschullehre und stellte das Projekt Förderunterricht für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund vor, in dem Lehramtsstudierende Essener Schüler*innen in Kleingruppen an der Universität unterrichten und sich diese Tätigkeit für ihr Berufsfeldpraktikum anrechnen lassen können. „Mehrsprachigkeit hat an der UDE einen großen Stellenwert und auch in den Klassenzimmern. Daher sollte DaZ / DaF auch perspektivisch ein Unterrichtsfach werden“, resümierte sie.
Professor Dr. Stefan Rumann, wissenschaftlicher Leiter des ZLB, stellte anschließend das Graduiertenkolleg zu querschnittlichen Fragen der Lehrkräftebildung (GKqL) vor, in dem junge Wissenschaftler*innen aktuell in neun Projekten mit Fokus auf Querschnittaufgaben in der Lehrkräftebildung und zwischen den Fächern promovieren. Des Weiteren berichtete er vom Prozess der Einführung des Lehramts Sonderpädagogik, die für das Wintersemester 2022/23 geplant ist. „Das ist eine große Herausforderung,“ so Herr Rumann, „doch wir können, wenn die Akkreditierung erfolgreich ist, mit 120 Studienplätzen und zwei unterschiedlichen Förderschwerpunkten im nächsten Wintersemester starten.“ Dann bietet die UDE alle Lehrämter an.
Qualitätsoffensive Lehrerbildung
Im Rahmen der bundesweiten Qualitätsoffensive Lehrerbildung (QLB) hat die UDE das Projekt Professionalisierung für Vielfalt (ProViel) eingeworben. Darin leistet das Projekt FLECTT – Kooperative Unterrichtsvideoreflexion in ReFLECting Teams, das Professorin Dr. Kerstin Göbel von der Fakultät für Bildungswissenschaften vorstellte, einen Beitrag zum Professionalisierungsprozess, auch in der Vernetzung von erster und zweiter Phase der Lehrkräftebildung. Es handelt sich um ein Teilprojekt der CaseLabs im Rahmen von ProViel. Die Studierenden haben verschiedene Möglichkeiten, ihren eigenen Unterricht, z. B. im Praxissemester, mittels Videoaufnahmen gemeinsam mit der eigenen Peergroup zu reflektieren. „Es geht darum, fallbasierte Reflexion zu unterstützen“, so Frau Göbel.
Ein Video-Einspieler des Kurzfilms über die ProViel-Praxislabs ergänzte anschaulich den Einblick in das QLB-Projekt, etwa in der Zusammenarbeit von Studierenden mit Schüler*innen.
Mehr über die beiden großen Projekte der Qualitätsoffensive Lehrkräftebildung, an denen die UDE beteiligt ist, erfuhr die MKW-Delegation von ProViel-Projektkoordinator Dr. Günther Wolfswinkler aus dem ZLB. „Gute Ausbildung macht gute Schule“, zeigte er sich überzeugt. Vielfalt werde im Projekt ProViel konzeptionell breit begriffen, so Herr Wolfswinkler. „Das Heterogenitätsspektrum in den Schulen verbreitert sich und darauf müssen die angehenden Lehrkräfte gut vorbereitet werden.“
ComeIn behandelt vor allem das Thema Digitalisierung und hier insbesondere die Frage, welche digitalisierungsbezogenen Kompetenzen angehende und ausgebildete Lehrkräfte erwerben sollten und wie diese in Aus- und Fortbildung vermittelt werden können. Unter Konsortialführung der UDE entwickeln alle zwölf lehrerbildenden Universitäten in NRW in sogenannten Communities of Practice Aus- und Fortbildungskonzepte und Tools für eine innovative Lehrkräftebildung in einer digitalisierten Welt.
Zusammenarbeit und Beteiligung
Kevin Pack, einer der drei studentischen Vertreter*innen im ZLB-Vorstand, umriss die verschiedenen studentischen Initiativen und Gremien mit Bezug auf das Lehramt und hob die starke studentische Beteiligung am Qualitätsmanagement der UDE hervor: „Studierende haben hier über verschiedene Gremien zahlreiche Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen und sich an der Gestaltung des Studiums zu beteiligen. Wir haben eine Stimme und stehen nicht nur am Rand, das ist wichtig für uns.“
Am Ende der Gesprächsrunde nahm Herr Rumann in einem Ausblick noch mal den Themenkomplex Digitalisierung in den Blick und betonte, dass es hierzu an der UDE schon sehr viele Initiativen gebe. Wichtig sei hier immer die interdisziplinäre Zusammenarbeit, denn nur so können die Initiativen für das Lehramtsstudium im Ganzen wirken.
Herr Kaiser zeigte sich sehr beeindruckt an den vorgestellten Konzepten und Projekten und lobte die interdisziplinäre und interuniversitäre Zusammenarbeit: Für kleinkarierte Konkurrenz sei kein Platz, sondern das gemeinsame Vorankommen zähle. So ließe sich die Lehrkräftebildung in NRW voranbringen und stärken.